Zwischen Mystik und Natur
Samstag, 14. März 2020
Wanderung zum Auge Gottes

  Kann eine Wanderung Mystik und Religiosität mit Naturerlebnissen verbinden? Den Beweis, dass es geht, lieferte Wanderführer Konrad Waßmann mit seiner 21 köpfigen Wandergruppe am 14. März. In Unkel, an der Schnittstelle von Westerwald und Siebengebirge begann eine Rundwanderung der besonderen Art. Von der Ortsmitte ging es bei bestem Wanderwetter zunächst Richtung Ortsteil Scheuren.
   Dort fällt die Kapelle St. Joseph aus dem 16. Jahrhundert ins Auge. Sie weckt nicht nur schöne Erinnerungen. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden deutsche Frauen und Kinder von der der US-amerikanischen Besatzungsmacht in der Kapelle festgehalten. Während dieser unheilvollen Tage legte man das Gelübde ab - sollte man lebend herauskommen - ein Kreuz zu stiften. Es befindet sich heute an der Außenseite der Kapelle. Zugleich wurde der bis heute bekannte Name "Scheurener Dom" geprägt.
   Am Rande zum Siebengebirge verließ die Wandergruppe das Rheintal und folgte dem Tal des Breitbachs an der ehemaligen Fettschmelze und Seifensiederei vorbei hinauf in den Erpeler Kirchspielwald.
   Nach knapp 5 km war das Kreuz der "St. Josephsberger Gewerkschaft" erreicht. Es verweist auf den Bergbau in Rheinbreitbach, der sich historisch bis zum Jahr 150 n.Chr. zurückverfolgen lässt.
   Nach dem weiteren Aufstieg erreichte die Gruppe am Leyberg eine kleine Waldkapelle. Sie umschließt einen Bildstock mit einem schlichten Heiligenbild - das "Auge Gottes". Die Legende berichtet, dass das Marienbild sich einst aus dem Bildstock erhob und sich zwischen eine Hirschkuh und den wilden Jäger Graf Bruno stellte. Dem Jäger kam es vor, als blicke ihn ein großes Auge durchdringend an. An der einsamen Stelle im Wald, an der Gott schützend eingegriffen hatte, wurde daraufhin die heutige Kapelle gebaut und der Spruch in den Bildstock geschrieben: "Das Auge Gottes sieht alles". Für den Grafen ging die Angelegenheit übrigens nicht glimpflich aus. Am Abend fanden ihn seine Dienstmannen tot in der Burg. Graf Bruno hatte sich an einem Dachbalken erhängt.
   Nach einer erfrischenden Pause ging es gestärkt in Richtung Süden weiter. In Bruchhausen wartete als weiterer Höhepunkt der Wanderung die Marienwallfahrtskirche St. Johann Baptist auf die Gruppe. Das bedeutendste Kunstwerk in der Kirche ist die Darstellung des Totentanzes auf einem Gemälde des 17. Jahrhunderts. Seit Jahrhunderten ist die Bruchhausener Kirche beliebtes Wallfahrtsziel und blickt auf eine ereignisreiche Geschichte zurück.
   Durchs Hähnerbachtal wandte die Eifelvereinsgruppe ihre Schritte wieder in Richtung Unkel. Der Weg durch das malerisch wilde Tal wird zeitweise von einem in Beton gefassten Wasserlauf begleitet. Dies erinnert sehr an Levada-Wanderungen. Sogleich fühlt man sich auf die Insel Madeira versetzt. Ein finaler kleiner Abstecher führte zur Aussicht auf dem Stuxberg und wurde mit wunderschönem Blick auf Unkel und den Rhein belohnt. Schließlich erreichten die Sinziger Wanderfreunde in Unkel das 2011 eröffnete Willy-Brandt-Forum. Es ehrt den Altbundeskanzler, der bis zu seinem Tod in Unkel wohnte. Willkommenen Abschluss bildete nach 16 km die Einkehr im Café am Markt. Nach dem ausgiebigen Genuss von leckerem Kaffee und Kuchen war sich die Gruppe einig: die abwechslungsreiche Wanderung hat Mystik, Religiosität und Naturerlebnisse bestens verbunden.
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